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Limitationen der evidenzbasierten Medizin in der Intensivmedizin


Multicenter, randomized, controlled trials evaluating mortality in intensive care: Doomed to fail?

Ospina-Tascón GA, Büchele GL, Vincent JL                                                                                                    Crit Care Med 2008; 36:1311-22

Department of Intensive Care, Erasme Hospital, Free University of Brussels, Belgium.


Die Implementierung der evidenzbasierten Medizin in unsere tägliche klinische Praxis konnte die Qualität der medizinischen Versorgung in den letzten 20 Jahren in vielen Bereichen deutlich verbessern (Vincent JL, Chest 2004; 126: 592). Die Interpretation wissenschaftlicher Publikationen geschieht seither unter Einbeziehung der Qualität der durchgeführten Untersuchung, wie z. B. Randomisierung, Stichprobenanzahl und statistische Power, Homogenität der untersuchten Stichprobe, „intention-to-treat“-Analyse, Anzahl der beteiligten Studienzentren und viele andere Parameter mehr. Den höchsten Grad der medizinischen Evidenz messen wir Studien bei, welche prospektiv, randomisiert, kontrolliert und, wenn möglich, multizentrisch durchgeführt werden.

Bei Intensivpatienten ist die Sterblichkeit der Patienten, gemessen an anderen Patientenpopulationen, sehr hoch.  Es liegt nahe, bei diesen Patienten eine Senkung der Mortalität als primären Zielparameter mit Studien höchster klinischer Evidenz zu fordern.

Aus diesem Grund untersuchte die Arbeitsgruppe um JL Vincent, welche multizentrischen, randomisierten, kontrollierten Untersuchungen mit dem primären Outcomeparameter Mortalität bei erwachsenen Intensivpatienten überhaupt publiziert wurden und welche Aussage bezüglich einer "best medical practice" bei diesen Patienten zu treffen sei.  

Ospina-Tascon und Mitarbeiter führten eine umfangreiche Literatur-Recherche im zentralen Cochrane-Register und in Medline mittels Pubmed durch. Aus den Publikationen der letzten 40 Jahre konnten sie 1241 Untersuchungen bei Benutzung von Suchbegriffen wie "intensive care", "critical care", "sepsis", "artificial respiration" und "ARDS" identifizieren. Nach Ausschluss von Publikationen, welche nicht prospektiv, randomisiert und kontrolliert durchgeführt wurden, sowie Briefen, Kommentaren, Subgruppenanalysen früherer Publikationen, Editorials sowie Ausschluss von Untersuchungen an nicht-intensivpflichtigen oder pädiatrischen Patienten verblieben 338 Publikationen. Unter Berücksichtigung der Mortalität als primärem Outcome-Parameter und einer ausreichenden statis­tischen Power verblieben 72 wissenschaftliche Publikationen mit dem Anspruch des höchsten Grades der wissenschaftlichen Evidenz.

Von diesen 72 Untersuchungen zeigten 7 überraschenderweise sogar eine erhöhte Sterblichkeit in der Interventionsgruppe. 55 Untersuchungen zeigten keinen Effekt der untersuchten Intervention auf die Mortalität. Lediglich 10 randomisierte, kontrollierte, multizentrische Untersuchungen konnten eine verminderte Mortalität nachweisen (Tabelle 1).

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