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Presseinformation Galapagos Biopharma Österreich

08. November 2021

 

Stellenwert von Filgotinib in der RA-Therapie

Klinische Erfahrungen und Perspektiven für die Behandlungspraxis mit Filgotinib (Jyseleca®) –
eine Zwischenbilanz nach 12 Monaten

Wien, Österreich; 04. November 2021

Seit rund einem Jahr steht der präferenzielle JAK1-Inhibitor Jyseleca® (Filgotinib) als Therapieoption für Erwachsene mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis (RA), die auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben, zur Verfügung.1 Auf einem Symposium im Rahmen des diesjährigen DGRh-Kongresses stellten renommierte Experten Kasuistiken aus dem Behandlungsalltag vor und berichteten – vor dem Hintergrund der Studienlage – von ihren Erfahrungen mit Filgotinib. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der hohen JAK1-Inhibierung von Filgotinib und deren Bedeutung für die Praxis.


Durch Umstellung der Medikation zur Remission

Dr. Olaf Schultz, Baden-Baden, führte den Fall einer 45-jährigen Patientin aus, bei der vor 3 Jahren eine seronegative RA diagnostiziert wurde. Seit 15 Jahren war sie an multipler Sklerose erkrankt, mit Interferon beta (IFNβ) jedoch stabil eingestellt. Zur Therapie der RA verordnete ihr Hausarzt nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Glukokortikoide (Prednisolon 100 mg); in dieser Zeit entwickelte sie eine deutliche depressive Störung. Die Vorstellung beim Rheumatologen bestätigte die RA-Diagnose (DAS28: 6,2). „Die dort eingeleitete Therapie mit Methotrexat (MTX, 15 mg/Woche) musste jedoch nach kurzer Zeit aufgrund zunehmender gastrointestinaler Beschwerden abgesetzt werden, trotz hoher Krankheitsaktivität“, so Schultz. Schließlich wurde die Patientin auf Filgotinib 200 mg/Tag in Monotherapie eingestellt. In den bisherigen Verlaufskontrollen konnte laut Schultz eine deutliche Besserung der RA-Symptomatik und der Entzündungsparameter festgestellt werden. Den JAK-Inhibitor habe sie bisher gut vertragen.

Studiendaten zeigen schnelles und anhaltendes Ansprechen

Nach den Worten von Prof. Dr. Hanns-Martin Lorenz, Heidelberg, stimmt das Setting dieser Kasuistik mit den Ergebnissen der Phase-3-Studie FINCH 1 überein: In der placebo- und aktiv-kontrollierten Studie wurden 1.755 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer RA und unzureichendem MTX-Ansprechen randomisiert mit Filgotinib (200 oder 100 mg/Tag), Adalimumab 40 mg alle zwei Wochen oder Placebo (jeweils in Kombination mit MTX) behandelt.2 Unter Filgotinib 200 mg plus MTX erreichten in Woche 12 mehr Patienten ein ACR20/50/70-Ansprechen als unter Adalimumab plus MTX (p<0,05, p<0,001 bzw. p<0,001) und mehr Patienten unter Filgotinib 200 mg plus MTX kamen bis Woche 52 in Remission (DAS28(CRP)-Score < 2,6) als unter Adalimumab + MTX (54 % vs. 46 %, p<0,05).2

Beschwerdefreiheit mit Filgotinib nach Biologika-Versagen

Dass auch bDMARD-vortherapierte RA-Patienten von Filgotinib profitieren können, verdeutlichte Dr. Susanne Bogner, Stadtbergen: Eine 72-jährige Patientin erhielt nach RA-Erstdiagnose zunächst eine Kortisonstoßtherapie (Prednisolon 20 mg/Tag). Schon mit Kortisonreduktion traten erneut deutliche Gelenkbeschwerden auf – begleitet von diffusen Ganzkörperschmerzen, Schlafstörungen, ausgeprägter Morgensteifigkeit und stark eingeschränkter Beweglichkeit. „Der DAS28 lag zu diesem Zeitpunkt bei 5,7. Es bestand dringender Handlungsbedarf“, unterstrich Bogner. Eine immunsuppressive Therapie mit 15 mg MTX s.c. einmal pro Woche und eine erneute Kortisonstoßtherapie (30 mg Prednisolon initial, Reduktion auf 5 mg/Tag innerhalb von 6 Wochen) wurden zunächst gut vertragen. Im Verlauf von 6 Monaten entwickelte die Patientin eine MTX-Unverträglichkeit, was eine Umstellung auf Adalimumab 40 mg s.c. alle zwei Wochen plus Prednisolon 5 mg/Tag erforderlich machte. Die Krankheitsaktivität (DAS28 von 5,71) zeigte sich darunter unverändert, worauf Bogner auf ein primäres Versagen des TNF-Inhibitors schloss. Erst der Wechsel auf Filgotinib 200 mg/Tag führte schließlich zum Erfolg: „Innerhalb von nur einem Monat wurde die Patientin beschwerdefrei und ist seitdem in klinischer Remission“, so Bogner. Den JAK-Inhibitor vertrage sie problemlos, das Glukokortikoid konnte nach 6 Wochen komplett ausgeschlichen werden.

FINCH 2-Studie: Wirksamkeit unabhängig von Biologika-Vorbehandlungen

„Auch in diesem Fall wird das therapeutische Vorgehen durch die wissenschaftliche Evidenz gestützt“, hob Lorenz hervor. Die Wirksamkeit von Filgotinib bei Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf Biologika wird durch die Daten der Phase-3-Studie FINCH 2 (n=448) belegt.3 Unter Filgotinib 200 mg und 100 mg einmal täglich (jeweils in Kombination mit einem konventionellen synthetischen (cs)DMARD) erreichten 66,0 % bzw. 57,5 % der Patienten ein ACR20-Ansprechen in Woche 12 (primärer Endpunkt) gegenüber 31,1 % unter Placebo plus csDMARD (p<0,001).3 Die Wirksamkeit hielt fortgesetzt bis Woche 24 an. Bereits nach 2 Wochen zeigte sich eine Verbesserung zugunsten des JAK-Inhibitors gegenüber Placebo.3 Das konsistente ACR20-Ansprechen war zudem unabhängig von der Zahl der vorherigen bDMARD-Behandlungen.3

Günstiges Sicherheits- und Interaktionsprofil

Filgotinib 100 und 200 mg/Tag war in den Studien generell gut verträglich.4 In dem klinischen Studienprogramm waren die Infektionsraten in beiden Dosisgruppen numerisch vergleichbar mit den aktiven Kontrollarmen (Adalimumab und MTX).5 Auch schwerwiegende Infektionen (einschließlich Herpes zoster) und venöse Thromboembolien (VTE) manifestierten sich nicht häufiger als unter dem TNF-Inhibitor.4 Vor dem Hintergrund, dass RA-Patienten überdurchschnittlich häufig von Komorbiditäten betroffen sind, liegt zudem auf dem Wechselwirkungsrisiko der antirheumatischen Therapie ein besonderes Augenmerk.6 Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass Filgotinib kein Inhibitor des organischen Anionen-Transporters (OATP) ist und somit keinen klinisch relevanten Einfluss auf die Exposition von Substraten des OATP, wie Rosuvastatin, Atorvastatin und Pravastatin, hat.7,8 Muskelbezogene Nebenwirkungen (Treatment emergent adverse events, TEAEs) waren unter der Therapie selten und nahmen bei gleichzeitiger Statin-Einnahme nicht zu.7 Auch weitere wichtige Transporter wie P-gp (P-Glykoprotein) und BCRP (Breast Cancer Resistance Protein) werden von Filgotinib in klinisch relevanten Konzentrationen nicht gehemmt.1

Auswirkungen der präferenziellen JAK1-Hemmung

Die mögliche Bedeutung einer präferenziellen JAK1-Inhibition in der Praxis erläuterte Prof. Dr. Torsten Witte, Hannover, und führte aus, dass Januskinasen (JAK) und STAT-Proteine (Signal Transducers and Activators of Transcription) als Teil des JAK-STAT-Signalweges für eine Reihe von Zytokin-vermittelten physiologischen Prozessen verantwortlich sind.9 „Eine Dysregulation dieses Signalwegs scheint eine essenzielle Rolle in der Pathologie chronisch-entzündlicher Erkrankungen, wie z. B. der RA, zu spielen“ so Witte. Von den vier beschriebenen Januskinasen (JAK1, JAK2, JAK3 und TYK2), scheint die Hemmung von JAK1 maßgeblich für die Wirksamkeit der JAK-Inhibitoren in der RA zu sein.9 „Eine höhere Selektivität für JAK1 könnte unerwünschte Nebenwirkungen der RA-Therapie reduzieren. Sie ist daher für den klinisch-praktischen Alltag durchaus relevant“, erläuterte Witte. Filgotinib inhibiert in biochemischen Assays präferenziell JAK1 und zeigt eine mehr als 5-fach höhere Potenz für die Hemmung der Aktivität von JAK1 gegenüber JAK2, JAK3 und TYK2.1 In-vitro-Studien ergaben zudem, dass die von JAK2 und JAK3 abhängigen Zytokinantworten durch Filgotinib kaum beeinflusst werden.9 Es wurde gezeigt, dass JAK2 eine wichtige Rolle bei der Blutbildung spielt, während JAK3 bedeutend für die Lymphozyten-Proliferation und Immunhomöostase zu sein scheint.9 „Die geringe JAK2-Hemmung könnte daher eine plausible Erklärung für die niedrige Anämie-Inzidenz im klinischen Studienprogramm von Filgotinib darstellen“, so Witte.10 Die JAK1-Selektivität führe zudem zu einer im Vergleich zu den anderen JAK-Hemmern schwächeren Inhibition der NK (Natural Killer)-Zellpopulation in vitro.11 NK-Zellen, ein wichtiger Bestandteil des angeborenen Immunsystems, bilden die erste Abwehr gegen Pathogene.12 Die vergleichsweise geringe Hemmung dieser Zellpopulation in vitro könnte daher möglicherweise eine Rationale für die niedrige Herpes-Zoster-Inzidenz im Filgotinib-Studienprogramm sein.4,5

Über Filgotinib

Filgotinib ist in Europa, Großbritannien und Japan als Jyseleca® (200-mg- und 100-mg-Tabletten) zur Behandlung von Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwer aktiver rheumatoider Arthritis (RA) zugelassen, die unzureichend auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) angesprochen haben oder diese nicht vertragen.1 Filgotinib kann als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat (MTX) angewendet werden und kann in Österreich aus der hellgelben Box (RE2) des österreichischen Erstattungskodex verschrieben werden.1,13 Die europäische Zusammenfassung der Produkteigenschaften von Filgotinib, die Kontraindikationen sowie besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen enthält, ist unter www.ema.europa.eu verfügbar. Das Interviewformular des japanischen Ministeriums für Gesundheit, Arbeit und Soziales ist unter www.info.pmda.go.jp verfügbar. The Great Britain Summary of Product Characteristics ist unter www.medicines.org.uk/emc verfügbar.

Filgotinib wird in Österreich von Galapagos Biopharma Austria GmbH vermarktet.

Über Galapagos Biopharma Österreich

Seit 22 Jahren ist Galapagos als forschendes europäisches Biopharma-Unternehmen weltweit aktiv. Seit Ende 2021 sorgt unsere neue Niederlassung in Österreich dafür, dass auch hier der Pioniergeist des Unternehmens im Bereich chronisch entzündlicher Erkrankungen ein starkes Zeichen setzt. Galapagos entwickelt niedermolekulare Arzneimittel mit neuartigen Wirkmechanismen für die Behandlung verschiedener Krankheiten, von denen viele in aktuell laufenden Studien vielversprechende Ergebnisse zeigen. Die Galapagos-Pipeline umfasst Phase-3-Programme bei Entzündungen, Fibrosen und anderen Indikationen. Unser Ziel ist es, ein weltweit führendes biopharmazeutisches Unternehmen zu werden, das sich auf die Entdeckung, Entwicklung und Vermarktung innovativer Arzneimittel konzentriert.

Weitere Informationen unter www.glpg.com

Literatur

[1] Fachinformation Jyseleca®, Stand: September 2021
[2] Combe B et al. Ann Rheum Dis 2021; 80:848-858
[3] Genovese MC et al. JAMA 2019; 322:315-325
[4] Genovese JC et al. EULAR 2020; Poster THU0202
[5] Galloway J et al. EULAR 2021; OP0126
[6] Ramos AL et al. J Rheumatol 2019; 46:564-571
[7] Taylor PC et al. EULAR 2021; Poster PO50660
[8] Anderson K et al. Clin Pharmacol Drug Dev 2021 Sep 1. doi: 10.1002/cpdd.1015
[9] Traves PG et al. Ann Rheum Dis 2021; 80:865-875
[10] Winthrop K et al. ACR 2019; Poster 1329
[11] DiPablo JA et al. ACR 2019; Poster 0059
[12] Shegarfi H et al. Sci World J 2012; 2012:491974
[13] www.erstattungskodex.at (Zugriff: 18.10.2021)

Fachkurzinformation:

Jyseleca 100 mg Filmtabletten
Jyseleca 200 mg Filmtabletten

Pharmakotherapeutische Gruppe: Immunsuppressiva, selektive Immunsuppressiva, ATC-Code: L04AA45
Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält Filgotinibmaleat, entsprechend 100 mg bzw. 200 mg Filgotinib. Sonstige Bestandteile: Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jede 100 mg Filmtablette enthält 76 mg Lactose (als Monohydrat). Jede 200 mg Filmtablette enthält 152 mg Lactose (als Monohydrat). Tablettenkern: Mikrokristalline Cellulose, Lactose-Monohydrat, Vorverkleisterte Stärke, Hochdisperses Siliciumdioxid, Fumarsäure, Magnesiumstearat (Ph. Eur.) Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Titandioxid (E171), Macrogol, Talkum, Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172), Eisen(III)-oxid (E172) Anwendungsgebiete: Jyseleca ist angezeigt zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis bei erwachsenen Patienten, die auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Jyseleca kann als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat (MTX) angewendet werden. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Aktive Tuberkulose (TB) oder aktive schwere Infektionen. Schwangerschaft.
Inhaber der Zulassung: Gilead Sciences Ireland UC, Carrigtohill, County Cork, T45 DP77, Irland.
Rezept- und apothekenpflichtig, NR.
Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, sowie Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.
▼Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Jeder Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu Jyseleca ist zu melden an Gilead Sciences GesmbH, Fax-Nr.: +43 (0)1 260 83 99, E-Mail: AustriaSafetyMailbox@gilead.com, und/oder über das nationale Meldesystem an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, Traisengasse 5, 1200 Wien, Österreich, Fax: +43 (0) 50 555 36207, Website: www.basg.gv.at, AT-JYS-0016


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