INTENSIV-News
Incidence and prognosis of sustained arrhythmias in critically ill patients.
Annane
D, Sébille V, Duboc D, et al. Am J Respir
Crit Care Med 2008; 178:20-5
Service de Réanimation Médicale, Hôpital Raymond Poincaré, 104 Boulevard Raymond Poincaré, 92380 Garches, France.
RATIONALE:
Sustained arrhythmias are common in postoperative and cardiac intensive
care units (ICUs), but their incidence and prognosis in general ICUs
have never been reported.
OBJECTIVES: To estimate the incidence and prognosis of sustained arrhythmias in a general ICU population.
METHODS: Prospective, multicenter, 1-month inception cohort study.
MEASUREMENTS
AND MAIN RESULTS: A total of 1,341 patients were included: 12%
(163/1,341) had sustained arrhythmias, including 8% (113/1,341) and 2%
(30/1,341) with supraventricular and ventricular arrhythmias,
respectively, and 2% (30/1,341) with conduction abnormalities.
In-hospital death rates were 17% (205/1,178) in patients without
arrhythmia and 29% (33/113) in patients with supraventricular
arrhythmias (odds ratio [OR], 1.95; 95% confidence interval [CI],
1.27-3.01), 73% (22/30) in patients with ventricular arrhythmias (OR,
13.20; 95% CI, 5.79-30.10), and 60% (18/30) in patients with conduction
abnormalities (OR, 7.46; 95% CI, 3.52-15.82). Neurological sequel rates
were 6% (55/973) in arrhythmia-free survivors and 15% (12/80) in
survivors with supraventricular arrhythmias (OR, 2.92; 95% CI,
1.45-5.89), 38% (3/8) in survivors with ventricular arrhythmias (OR,
7.53; 95% CI, 1.60-35.50), and 17% (2/12) in survivors with conduction
abnormalities (OR, 8.77; 95% CI, 1.65-46.57). After adjusting for
prognosis factors and propensity scores, ventricular arrhythmias still
increased mortality (OR, 3.53; 95% CI, 1.19-10.42) but supraventricular
arrhythmias and conduction abnormalities did not.
CONCLUSIONS:
Sustained arrhythmias are observed in 12% of patients admitted to
general ICUs. Ventricular arrhythmias increase the risk of death.
Neu auftretende, anhaltende Arrhythmien sind bei kritisch kranken
Patienten relativ häufig. Je nach Schwerpunkt der Intensivstation
variiert deren Inzidenz jedoch zwischen 5% bei primär traumatologischen
(Seguin P; Intensive Care Med 2006; 32:398) und 30% bei
kardiochirurgischen Stationen (Mathew JP; JAMA 2004; 291:1720).
Die mit Abstand häufigste neu auftretende Rhythmusstörung bei kritisch
Kranken ist Vorhofflimmern. Obwohl nicht unmittelbar lebensbedrohlich,
bedeutet Vorhofflimmern ein signifikantes Problem. Einerseits
verursachen die damit fast immer einhergehende Tachykardie und der
Wegfall der Vorhof-Ventrikel-Synchronität beziehungsweise der
Vorhofsystole eine Zunahme des myokardialen Sauerstoffverbrauches und
eine Abnahme des Herzminutenvolumens. Insbesondere bei Patienten mit
diastolischer Dysfunktion kann der Abfall des Herzminutenvolumens dabei
mehr als 30% betragen. Die ansonsten so effiziente elektrische
Kardioversion als Monotherapie ist bei kritisch Kranken oft wenig
effektiv; so zeigte sich in einer Arbeit von Mayr und Mitarbeitern,
dass bei kardiochirurgischen Patienten lediglich bei 5% ein dauerhafter
Sinusrhythmus nach 48 Stunden erzielt werden konnte (Mayr A; Crit Care
Med 2003; 31:401). Eine pharmakologische Kardioversion kommt wegen der
proarrhythmogenen und/oder negativ inotropen Effekte der dabei
eingesetzten Substanzen nur in ausgewählten Fällen zum Einsatz. In der
Regel wird deshalb Vorhofflimmern mit einem kombinierten Vorgehen aus
Frequenz- und Rhythmuskontrolle behandelt.
Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei das „Pan“-Antiarrhythmikum
Amiodaron ein. Die bei weitem seltenere, aber zweithäufigste anhaltende
tachykarde Rhythmusstörung bei kritisch Kranken ist die anhaltende
ventrikuläre Tachykardie (VT), welche fast immer bei Patienten mit einer
kardiovaskulären Grunderkrankung auftritt. Die elektrische
Kardioversion bildet den Eckstein bei deren Behandlung. Bei Rezidiven
oder gar beim Auftreten eines „electrical storms“ kommen Klasse III,
I-Antiarrythmika oder ß-Blocker zum Einsatz. Gleichzeitig sollte in
diesen Fällen auch frühzeitig eine Katheterablation in spezialisierten
Zentren überlegt werden. Proarrhythmogene Effekte von vielen bei
kritisch Kranken häufig eingesetzten Medikamenten müssen beim Auftreten
von Torsades de pointes berücksichtigt werden. Hier kommt dem Monitoring
des QT-Intervalls eine besondere Bedeutung zu. Neben Antiarrhythmika
können auch eine Reihe von Antibiotika (z.B. Ciprofloxacin) und
Psychopharmaka (z.B. Haloperidol) zu einer signifikanten Verlängerung
des QT-Intervalls führen.
Bradykarde Rhythmusstörungen treten akut meist im Rahmen von
Myokardinfarkten oder als Medikamentennebenwirkung auf. Wenn sie mit
Hinterwandinfarkten assoziiert sind, zeigen sie sich innerhalb der
ersten 14 Tage oft reversibel und erfordern deswegen häufig nur ein
temporäres Pacing.
Epidemiologische Daten über Rhythmusstörungen bei kritisch Kranken
konnten bis zur Publikation der vorliegenden „landmark“-Studie von
Ananne und Mitarbeitern nur von teilweise schon älteren monozentrischen
Arbeiten bezogen werden. Dementsprechend blieben als offene Fragen, ob
sich die Inzidenz von Arrhythmien auch in einer größeren Kohorte
bestätigen würde und ob Arrhythmien einen Einfluss auf die Prognose
haben.
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