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Arrhythmien bei kritisch Kranken

Ein Thema, bei dem sich jeder Intensivmediziner auskennen sollte?


Incidence and prognosis of sustained arrhythmias in critically ill patients.

Annane D, Sébille V, Duboc D, et al.                                                                                                      Am J Respir Crit Care Med 2008; 178:20-5

Service de Réanimation Médicale, Hôpital Raymond Poincaré, 104 Boulevard Raymond Poincaré, 92380 Garches, France.


Neu auftretende, anhaltende Arrhythmien sind bei kritisch kranken Patienten relativ häufig. Je nach Schwerpunkt der Intensivstation variiert deren Inzidenz jedoch zwischen 5% bei primär traumatologischen (Seguin P; Intensive Care Med 2006; 32:398) und 30% bei kardiochirurgischen Stationen (Mathew JP; JAMA 2004; 291:1720).

Die mit Abstand häufigste neu auftretende Rhythmusstörung bei kritisch Kranken ist Vorhofflimmern. Obwohl nicht unmittelbar lebensbedrohlich, bedeutet Vorhofflimmern ein signifikantes Problem. Einerseits verursachen die damit fast immer einhergehende Tachykardie und der Wegfall der Vorhof-Ventrikel-Synchronität beziehungsweise der Vorhofsystole eine Zunahme des myokardialen Sauerstoffverbrauches und eine Abnahme des Herz­minutenvolumens. Insbesondere bei Patienten mit diastolischer Dysfunktion kann der Abfall des Herzminutenvolumens dabei mehr als 30% betragen. Die ansonsten so effiziente elek­trische Kardioversion als Monotherapie ist bei kritisch Kranken oft wenig effektiv; so zeigte sich in einer Arbeit von Mayr und Mitarbeitern, dass bei kardiochirurgischen Patienten lediglich bei 5% ein dauerhafter Sinusrhythmus nach 48 Stunden erzielt werden konnte (Mayr A; Crit Care Med 2003; 31:401). Eine pharmakologische Kardioversion kommt wegen der proarrhythmogenen und/oder negativ inotropen Effekte der dabei eingesetzten Substanzen nur in ausgewählten Fällen zum Einsatz. In der Regel wird deshalb Vorhofflimmern mit einem kombinierten Vorgehen aus Frequenz- und Rhythmuskontrolle behandelt.

Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei das „Pan“-Antiarrhythmikum Amiodaron ein. Die bei weitem seltenere, aber zweithäufigste anhaltende tachykarde Rhyth­musstörung bei kritisch Kranken ist die anhaltende ventrikuläre Tachykardie (VT), welche fast immer bei Patienten mit einer kardiovaskulären Grunderkrankung auftritt. Die elektrische Kardioversion bildet den Eckstein bei deren Behandlung. Bei Rezidiven oder gar beim Auftreten eines „electrical storms“ kommen Klasse III, I-Antiarrythmika oder ß-Blocker zum Einsatz. Gleichzeitig sollte in diesen Fällen auch frühzeitig eine Katheterablation in spezialisierten Zentren überlegt werden. Proarrhythmogene Effek­te von vielen bei kritisch Kranken häufig eingesetzten Medikamenten müssen beim Auftreten von Torsades de pointes berücksichtigt werden. Hier kommt dem Monitoring des QT-Intervalls eine besondere Bedeutung zu. Neben Antiarrhythmika können auch eine Reihe von Antibiotika (z.B. Ciprofloxacin) und Psychopharmaka (z.B. Haloperidol) zu einer signifikan­ten Verlängerung des QT-Intervalls führen.

Bradykarde Rhythmusstörungen treten akut meist im Rahmen von Myokardinfarkten oder als Medikamenten­nebenwirkung auf. Wenn sie mit Hinterwandinfarkten assoziiert sind, zeigen sie sich innerhalb der ersten 14 Tage oft reversibel und erfordern deswegen häufig nur ein temporäres Pacing.

Epidemiologische Daten über Rhythmusstörungen bei kritisch Kranken konnten bis zur Publikation der vorliegenden „landmark“-Studie von Ananne und Mitarbeitern nur von teilweise schon älteren monozentrischen Arbeiten bezogen werden. Dementsprechend blieben als offene Fragen, ob sich die Inzidenz von Arrhythmien auch in einer größeren Kohorte bestätigen würde und ob Arrhythmien einen Einfluss auf die Prognose haben.

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Tags: intensiv-news kardiologie arrhythmien 

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